Griechenland-Krise

bild.de: Bricht die EU auseinander, Herr Westerwelle?

Griechenland droht der Staatsbankrott und Deutschland muss die Folgekosten mitbezahlen +++ Der FDP-Chef verteidigt das Vorgehen

Von WILFRIED PASTORS und JAN W. SCHÄFER

Bundesaußenminister Guido Westerwelle (48, FDP) verteidigt die Milliardenhilfen für Griechenland erneut und gesteht zugleich ein, dass es bei den Bürgschaften ein gewisses Ausfallrisiko gebe.

Im BILD-Interview sagt Westerwelle: Die Bürgschaften für die Kredite „sind nicht ohne Risiko“. Aber wenn es brenne, müsse man den Feuerlöscher nehmen, der zur Hand ist.

BILD: Die Griechenland-Krise sorgt für immer größere Spannungen. Bricht die EU auseinander?


Westerwelle:
Nein. Wir alle wissen, was wir an der EU haben. Die EU ist unsere Friedens- und Wohlstandsversicherung. Deswegen müssen wir tun, was nötig ist, um unsere gemeinsame Währung zu schützen.

BILD: Bekommen die Griechen also noch mehr Geld von uns, wenn die zugesagten 22,4 Milliarden Euro nicht ausreichen?


Westerwelle:
Es geht nicht um Zahlungen, sondern um Bürgschaften für Kredite. Die sind nicht ohne Risiko – keine Frage. Aber wenn es brennt, muss man den Feuerlöscher nehmen, der zur Hand ist. Bundesbank, Europäische Zentralbank und Währungsfonds haben empfohlen, so zu handeln, wie wir es jetzt tun.

BILD: Mit den Hilfen bricht die Regierung aber den EU-Vertrag!


Westerwelle: Kein einziger europäischer Vertrag untersagt uns zu handeln, wenn wir eine Gefahr für unsere Währung und damit für unsere Bürger sehen.
Die Ursachen für die heutige Krise reichen weit zurück. 2005 hat die damalige Bundesregierung den Stabilitätspakt aufgeweicht. Ich bin sicher, alle Bundestagsabgeordneten sind sich ihrer Verantwortung bewusst.

BILD: Was ist, wenn die Griechen das Sparpaket nicht umsetzen?


Westerwelle:
Ich habe Respekt vor der griechischen Regierung, ein so einschneidendes Sparprogramm zu beschließen. Wir werden genau hinsehen, wie das Sparprogramm umgesetzt wird. Ich vertraue da auch dem Währungsfonds IWF, der die Umsetzung alle 3 Monate überprüfen wird.

BILD: Es gibt Massenproteste in Griechenland, sogar Tote. Können wir Deutschen dort noch sorglos Urlaub machen?


Westerwelle:
Natürlich! Griechenland ist eine stabile Demokratie. Im Übrigen: Die große Mehrheit der Griechen hat erkannt, dass es zu dem Sparpaket keine Alternative gibt. Ich warne auch vor anti-griechischen Ressentiments. Europa ist eine Schicksalsgemeinschaft. Wir leben alle gemeinsam im europäischen Haus.

BILD: Zur NRW-Wahl: Wie fühlt man sich halbiert? Bei der Bundestagswahl hatte die FDP noch 14,9 Prozent, jetzt liegen die Prognosen bei sieben...


Westerwelle:
Wir hatten bei der letzten Landtagswahl in NRW 6,2%. Unser Ziel ist jetzt, zweistellig zu werden, um das Land vor einer linken Mehrheit zu bewahren.

BILD: Klingt sehr optimistisch, Beobachter gehen eher davon aus, dass Sie wie die CDU für die Bundespolitik abgestraft werden.


Westerwelle: Es gibt Umfragen, die sehen acht bis 8,5 Prozent für die FDP voraus. Die 1,5 Punkte sind zu schaffen. Außerdem sehe ich die Regierung jetzt auf einem guten Weg. Wir haben Familien und den Mittelstand entlastet. Als erstes haben wir das Kindergeld erhöht, unsere Vorgänger die Mehrwertsteuer.

BILD: Wie viel Prozent wünschen Sie der Linken?


Westerwelle:
Ich möchte auf keinen Fall, dass NRW 20 Jahre nach der Wiedervereinigung von Sozialisten regiert wird. Das OVG Münster hat ja erneut entschieden, dass es richtig ist, die Linkspartei wegen verfassungsfeindlicher Tendenzen vom Verfassungsschutz beobachten zu lassen.

BILD: Aber wenn die Linkspartei den Einzug in den Landtag verpasst, wird’s noch schwieriger mit der Schwarz-Gelben Mehrheit...


Westerwelle:
Wir haben es bei den Linken in NRW nicht mit Salonlöwen wie Gregor Gysi zu tun, die sich in Talkshows glänzend verkaufen können. Die NRW-Linke will eine andere Gesellschaft. SPD, Grüne und Linkspartei wollen die Einheitsschule für alle. Wir wollen ein maßgeschneidertes Schulangebot.

BILD: Warum hat die FDP angesichts der wackligen Mehrheitsverhältnisse alle Koalitionen außer Schwarz-Gelb ausgeschlossen?


Westerwelle:
Weil wir nicht mit Parteien zusammenarbeiten werden, die mit Extremisten koalieren wollen. Und das haben sowohl SPD als auch die Grünen vor. Aber die Wähler werden eine linke Mehrheit in NRW durch die Zweitstimme für die FDP verhindern. Ich bin Rheinländer und Liberaler, also doppelter Optimist.

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Wikipedia: Bilderberg-Konferenz - Konferenzen

Bei der Bilderberg-Konferenz 2005 war Angela Merkel zu Gast, im Jahr 2006 der SPÖ-Vorsitzende und spätere österreichische Bundeskanzler Alfred Gusenbauer. Bei der Bilderberg-Konferenz 2007 war Guido Westerwelle von der FDP anwesend, was er auf Nachfrage von Reportern jedoch nicht kommentieren wollte. Auf der offiziellen Internetpräsenz der FDP wurde als Grund für seine Anwesenheit auf der Konferenz die Absicht angegeben, sich über die aktuelle politische Lage der Türkei zu informieren.[6] Im Jahr 2008 war u.a. das Gründungsmitglied des European Council on Foreign Relations Joschka Fischer als deutscher Teilnehmer anwesend.